Was macht ein Theater-Lichtdesing außergewöhnlich?

Was ist Lichtdesign? Eine vermeintlich leichte Frage, zu der sicherlich jeder von euch direkt eine Meinung hat. Trotzdem behaupte ich, steckt mehr hinter dieser Frage als man im ersten Moment vielleicht denkt. So einfach diese Frage auch klingen mag, gibt es meiner Ansicht nach doch sehr viel über das Thema Lichtdesign zu erzählen.

„Licht schafft auf der Bühne neue Realität. So ist die Kunst des Lichts ein sich immer wieder neu vollziehender Schöpfungsvorgang.“

– Max Keller

Die Erschaffung eines Lichtdesigns ist die Verbindung zwischen kreativer Gestaltung von Licht auf der Bühne und der technischen Planung und Umsetzung dieses Konzeptes. Je nach Produktion kann es zwar vorkommen, dass diese beiden Aufgaben auf verschiedene Personen aufgeteilt werden. Trotzdem ist beides essenziell für die Umsetzung eines Lichtdesigns.
Ein durchdachtes und auf die Inszenierung zugeschnittenes Lichtdesign spielt für ein Theaterstück eine extrem wichtige Rolle. Genau wie die Gestaltung des Bühnenbildes oder die Auswahl der Kostüme trägt das Licht entscheidend dazu bei, wie die Inszenierung bei den Zuschauenden ankommt. Licht ist maßgeblich daran beteiligt, Emotionen zu transportieren. Außerdem unterstütz es das Bühnenbild dabei, zu zeigen, wo und wann die Erzählung spielt. Im Gegensatz zu dem Begriff „Beleuchtung“ der in erster Linie die technische Ausleuchtung der Bühne zum reinen Sichtbar machen des Geschehens beschreibt, gehört für ein Lichtdesign auch eine kreativ künstlerische Komponente mit dazu. Historisch betrachtet ist Lichtdesign jedoch noch eine recht junge Kunstrichtung.

Geschichte

Theater ist so alt, wie die Menschheit selbst. Alte Höhlenmalereien deuten darauf hin, dass bereits die Menschen der Steinzeit durch eine frühe Form des Theaters Geschichten erzählt haben. Damals spielte Licht dabei allerdings noch keine Rolle. Daran änderte sich auch sehr lange Zeit nichts. In der Antike wurde Theater nur unter freiem Himmel und bei Tageslicht gespielt. Gab es kein natürliches Licht, gab es auch kein Theater. Bis tief ins 16. Jahrhundert spielte Lichtdesign keine Rolle im Theater, da man sich ausschließlich der Sonne als Lichtquelle bediente.

Mit dem Teatro Olimpico in Vicenza, Italien eröffnete 1584 die erste überdachte Theaterbühne weltweit. Damit spielte von nun an auch Licht eine immer größere Rolle, da nun ein Sichtbar machen der Bühne nicht mehr durch das Tageslicht möglich war. Von nun an behalf man sich mit Kerzen und Öllampen, später kamen Gaslampen dazu. Zu Beginn ging es nach wie vor darum, die Bühne nur hell zu machen, um alles sehen zu können. Schnell erkannte man aber das Potential in künstlich geschaffenem Licht für die Bühne. Man begann durch gefärbtes Wasser oder Glas damit, die Bühne in unterschiedliche Farben zu tauchen, experimentierte damit, Lichtquellen während der Vorstellung manuell zu löschen oder zu entzünden. Im 19. Jahrhundert wurde durch die Erfindung der Elektrizität nun Lichtdesign für das Theater noch spannender. Es war nun sehr viel einfacher möglich, Helligkeiten einzustellen oder Farben zu ändern und diese auch zu reproduzieren. Scheinwerfer wurden von Jahr zu Jahr immer intelligenter und vielseitiger. Heute haben Lichtdesignende schier endlose Möglichkeiten, Licht auf der Bühne zu gestalten. Und auch wenn das eine ganze Reihe an Vorteilen für eine Inszenierung mit sich bringt, erfordert es von Lichtdesignenden auch ein immer größeres Wissen über Licht, Farbe und auch der Technik dahinter.
Zeichnung des Teatro Olimpico von Giuseppe Barberis

Hauptfunktionen von Lichtdesigns

Scheinwerfer sind heute so intelligent und vielseitig, dass es unfassbar viele Möglichkeiten gibt, Licht zu beeinflussen. Helligkeiten und Farbe sind wohl die ersten, die dir da einfallen. Genau so kann man aber auch über die Lichtrichtung oder die Lichtqualität, sprich hartes oder weiches Licht, bestimmen. Licht zu formen ist heute auch gängige Praxis, sei es durch Gobos oder durch Blendenschieber, aber auch Bewegungen von Licht beziehungsweise den Scheinwerfern selbst sind mittlerweile kein Problem mehr.
Nur weil die Technik einem all diese Möglichkeiten bietet muss man diese jedoch nicht zwangsläufig nutzen. Viele gute Lichtdesigns kommen mit nur ganz wenigen technischen Möglichkeiten aus. Manchmal ist das auch gar nicht anders Möglich, weil ein Theater beispielsweise gar nicht über die modernsten Scheinwerfer verfügt.
Egal wie viele Möglichkeiten man am Ende durch die Technik hat oder eben nicht hat, ein gelungenes Lichtdesign besitzt vier Hauptfunktionen, die passend zu einer Inszenierung umgesetzt sein müssen und die mit quasi jeder Art und Anzahl an Scheinwerfern möglich ist, umzusetzen.

Sichtbarkeit

Die wohl wohl wichtigste Funktion eines guten Lichtdesigns, damals wie heute, ist es, Sichtbarkeit der Bühne und der Schauspielenden sicherzustellen. Die Inszenierung ist nach wie vor der Grund eines Theaterbesuches. Da möchte man selbstverständlich auch sehen, was passiert und die Schauspielenden nicht nur reden hören. Das heißt jedoch nicht, dass die Bühne immer und überall hell sein muss. Auch ein mysteriöses, düsteres Licht, bei dem man nur die Konturen, der spielenden Person sieht, kann je nach Inszenierung ausreichen, um Sichtbarkeit zu gewährleisten. Viel zu oft habe ich schon gesehen, wie die Bühne erstmal hell gemacht, also beleuchtet wird, und dann ein Lichtdesign versucht wird, obendrauf zu setzen. Dass ist meiner Meinung nach jedoch nicht Sinn der Sache. Ein Lichtdesign muss es schaffen, die Sichtbarkeit in sich zu integrieren.
Selbstverständlich fällt unter diesen Aspekt nicht nur die Sichtbarkeit der Schauspielenden. Auch das Bühnenbild muss natürlich zur Geltung kommen, sofern es für die Handlung auf der Bühne in irgendeiner Form relevant ist.

Atmosphäre

Licht eignet sich hervorragend dafür, eine Stimmung, eine Atmosphäre auf der Bühne zu schaffen. Mit Lichtrichtungen, Schatten und Farben lassen sich Emotionen erzählen und bei Zuschauenden verstärken. Entsprechend ist die Wahl der Farbe und die Positionierung der Scheinwerfer eine besonders wichtige Entscheidung, die für eine Inszenierung getroffen werden muss. Eine dramatische, traurige Szene lässt sich in der Regel viel glaubhafter darstellen, wenn sie nicht hell, bunt und platt geleuchtet ist.
Wo wir bei dem Aspekt der Sichtbarkeit noch recht objektiv sagen könne, ob dieser erfüllt wurde, kommen wir spätestens jetzt zu Aufgaben, die sehr subjektiv umgesetzt werden können und sollten. Lichtdesign ist eine Kunstform und die meisten Aspekte werden von Person zu Person unterschiedlich wahrgenommen. Lichtdesignende müssen sich jedoch bewusst sein, dass Licht auf der Bühne Atmosphäre schafft und sich entsprechend Gedanken dazu machen, welche Emotionen sie durch ihr Lichtdesign, ihr Kunstwerk erzählen möchten.

Beitragsbild, Was macht Theater Lichtdesign aus?

Fokussierung

Eine weitere wichtige Eigenschaft von Licht ist es, das Auge der Betrachtenden zu lenken. Das Menschliche Auge ist evolutionär so konditioniert, dass seine Aufmerksamkeit immer auf den hellsten Punkt im Sichtfeld wandert. Das ist eine reflexartige Handlung, die wir quasi nicht ändern können. Daher ist es für ein Lichtdesign auch sehr wichtig, diese Eigenschaft des Auges bei der Gestaltung zu beachten. Spielt eine relevante Handlung an der dunkelsten Stelle der Bühne wird sie unweigerlich weniger Aufmerksamkeit von Zuschauenden bekommen, selbst wenn die Bühne sonst leer ist.
Im Endeffekt bietet das dem Licht aber auf der anderen Seite auch eine wahnsinnige Macht über die Zuschauenden. Ein Lichtdesign muss den Blick dieser lenken und klar aufzeigen, wo auf der Bühne gerade etwas spannendes passiert. Gut umgesetzt erleichtert es den Zuschauenden sogar, die Handlung zu verstehen. Diese müssen nun weniger Energie aufwenden, nach der relevanten Handlung oder, bei sehr vielen Personen auf der Bühne, vielleicht sogar nach der Hauptfigur zu suchen.

Rhythmisierung

Zu guter Letzt sorgt Licht auch für einen Rhythmus auf der Bühne. Oft wird unterschätz wie sehr das Lichtsetzten eben auch eine gewisse Form des Dirigierens darstellt. Hier geht es vor Allem darum, wie dynamisch oder starr Übergänge zwischen Licht gestaltet sind. Es ändert sich in der Wahrnehmung einer Inszenierung sehr viel, je nachdem ob du ehr statische Lichtbilder mit harten und schnellen Übergängen erzählst, oder doch auf langsames, pulsierendes Licht setzt.
Mit Rhythmisierung ist jedoch auch die Struktur des Stückes und die Unterstützung des Spannungsbogens gemeint. Auch wenn wir mit Licht im Theater häufig statische Bilder erzeugen, haben wir trotzdem die Möglich Tempo in die Inszenierung zu bekommen, egal ob diese Tempo nun schnell oder langsam ist.

Lichtdesign als Teil eines Gesamtkunstwerkes

Wir haben gesehen welche wichtige Rolle Licht in einer Theaterproduktion spielt, wie sehr es die Zuschauenden beeinflussen und die Geschichte miterzählen kann. Dennoch ist Lichtdesign nicht wichtiger, als jeder andere Bereich einer Inszenierung. Viel mehr muss man es als ein von vielen Bereichen sehen, die alle miteinander harmonieren und interagieren müssen, um ein perfektes Theaterstück auf die Bühne zu bringen. Was nützt einem das perfekte Design, wenn die Handlung auf der Bühne komplett dagegen arbeitet? Was bringt die schönste Stimmung, wenn man in der blauen Beleuchtung das rote Kleid des Hauptcharakters nur als dunkles Laken wahrnimmt?

Daher ist es meiner Ansicht nach unfassbar wichtig, schon so früh wie Möglich in der Konzeptionsphase mit den anderen Gewerken in Kontakt zu treten. Lichtdesignende sollten sowohl darüber bescheid wissen, was die Regie sie für ihre Inszenierung vorstellt, als auch darüber, wie Bühnenbild und Kostüm sich die Bühne vorstellt. Nur so kann ein rundes Konzept für die Inszenierung entstehen, in der alle Gewerke das bestmöglich für die Produktion herausholen können.

Zusammenfassung

Ein Lichtdesign zu entwickeln bedeutet weit mehr als nur etwas Licht auf der Bühne anzumachen. Lichtdesignende tragen eine große Verantwortung der Produktion gegenüber, da sie auf visueller Ebene stark dazu beitragen, wie Zuschauende die Inszenierung wahrnehmen. Mit vermeintlich einfachen Mitteln wie der Farbe, Helligkeit oder Lichtrichtung, lassen sich in erster Linie Emotionen und Gefühle wecken, die die Handlung tragen und unterstützen, aber ihr eben im schlechtesten Fall auch komplett entgegenwirken können.
Daher ist es auch so unfassbar wichtig, sich schon lange vor der Premiere im Regieteam auszutauschen und sich zu überlegen, was auf der Bühne erzählt werden soll. Bei all dem darf man aber natürlich auch nicht vergessen, das Lichtdesign eine Kunstform ist und in hohem Maße subjektiv.

Dieser Beitrag soll nur eine kleine Einführung in die Welt des Theaterlichtdesigns geben. In Zukunft möchte ich jedoch weitere Beiträge eröffnen, die dann auch detaillierter in einzelne Bereiche eintauchen sollen.

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